28. Juli 2022, 11:09 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Schon ein leichter Proteinmangel wirkt sich negativ auf die Gesundheit auf – welche sechs körperlichen Anzeichen dafür sprechen können.
Extremer Proteinmangel ist in der westlichen Welt eher selten und wenn, dann aufgrund einer Essstörung. Dennoch nehmen viele Menschen durch einseitige Ernährung zu wenig Eiweiß über die Nahrung auf – mitunter unwissentlich. In diesem Fall sendet der Körper Signale, die als Anzeichen für Proteinmangel gedeutet werden können. Wichtig: Bei Verdacht sollten Sie unbedingt zu einem Arzt gehen, denn die genannten Symptome können auch andere, teils schwerwiegendere Gründe haben. Zur Erinnerung: Die empfohlene Proteinmenge für einen Erwachsenen beläuft sich auf 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag.
Übersicht
Schwaches Immunsystem und häufige Infekte
Schon wieder Grippe, Husten, Schnupfen und Co.? Und das, obwohl ausreichend auf Vitamin C geachtet wurde? Sich regelmäßig Infekte einzufangen, kann ein Anzeichen für Proteinmangel sein. Dafür reichen bereits neun Wochen eiweißarme Kost, wie eine kleine Studie mit postmenopausalen Frauen herausgefunden hat.1 So zeigte sich bei den Probandinnen ein messbar geschwächtes Immunsystem und eine verschlechterte Immunantwort, nachdem sie auf eine proteinarme Diät gesetzt worden waren. Eine weitere Mäusestudie konnte zudem belegen, dass Proteinmangel zu einem besonders schweren Grippeverlauf führte.2 Und: je schwerer das Defizit, desto infektanfälliger.
Auch interessant: 8 Anzeichen für einen Testosteronmangel
Anhaltender Heißhunger
Schwerer Proteinmangel führt zu Appetitverlust. Leichter Proteinmangel hat dagegen den gegenteiligen Effekt.3 Das ist der nachvollziehbare Versuch des Körpers, durch eine erhöhte Kalorienaufnahme das Minus wieder auszugleichen. Denn Hunger ist ein sicherer Garant dafür, dass zumindest etwas Eiweiß wieder reinkommt. Das erklärt auch, warum sich der Heißhunger meist auf herzhafte Speisen beschränkt, kann aber dazu führen, dass Betroffene zu weniger nahrhaften und stark verarbeiteten Fertiggerichten greifen.4 Sollten Sie sich also ständig hungrig fühlen und es fällt zudem schwer, den Essensdrang zu kontrollieren, fügen Sie zu jeder Mahlzeit etwas mageres Protein hinzu. Dafür eignen sich: Hülsenfrüchte, Fisch, Hühnchen, Hüttenkäse oder Tofu.
Auch interessant: 8 Lebensmittel, die gegen ständigen Hunger helfen
https://oembed/fitbook/affiliate/e20fee1ffc78ddd4a8ec5cebde6ca34ee896b0149bb61e0d3ad07650dd4fdc0b/900b495e-d27d-429e-892a-029abf95d223/embed
Verlust von Muskelmasse
Auf Proteinmangel regiert der Körper mit Muskelabbau – und zwar unverzüglich. Dafür reichen schon wenige Tage Fasten. Denn: Ist das Eiweiß aus der Nahrung knapp, holt sich der Organismus seine Proteine an anderer Stelle. Das ist für eine kurze Zeit nicht weiter problematisch, dafür sind wir ausgelegt. In der Regel ist nach kleinen „Protein-Kur“ samt Bewegung schnell wieder alles beim Alten. Jenseits der 50 verzeiht einem der Körper Mangelphasen nicht mehr ganz so gut. So deuten Studien darauf hin, dass sich der Muskelabbau mit zunehmendem Alter beschleunigt.5 Daher sollten betagtere Menschen täglich etwas mehr Proteine zu sich nehmen, um den natürlichen, altersbedingten Muskelabbau abzubremsen.
Auch interessant: 5 kaum bekannte Lebensmittel für gesunde und starke Muskeln
Trockene Haut und brüchige Nägel
Schuppige, trockene Haut und rissige Nägel, die leicht abbrechen, können ebenfalls Anzeichen für Proteinmangel sein. Das Phänomen wird in Fachkreisen Kwashiorkor genannt. Bis es so weit kommt, muss schon allerhand passiert sein. Trotzdem zeigen Untersuchungen, dass eine Protein-Energie-Mangelernährung nicht auf Kinder in Entwicklungsländern beschränkt bleibt, sondern die häufigste Form der Unterernährung bei Krankenhauspatienten in westlichen Ländern ist.6 Auch wird angenommen, dass die damit einhergehenden Hautveränderung mit auf Zinkmangel zurückzuführen sind. Bei Diagnose ist unbedingt ärztlicher Rat gefragt, da neben einer Ernährungsumstellung weitere Behandlungsschritte nötig sind.
Auch interessant: 9 Lebensmittel für eine schöne und gesunde Haut
Haarausfall
Haare bestehen aus einem Protein namens Keratin, das in den Haarfollikeln produziert wird. Außerdem spielt die Aminosäure L-Lysin für ein gesundes Haarwachstum eine wesentliche Rolle.7 Beides generiert der Organismus aus Nahrungsproteinen. Reichen diese nicht aus, werden die Haare glanzlos, stumpf oder fallen aus. Und weil eine schicke Haarpracht nicht zum Leben benötigt wird, ist dies eine der ersten Sparmaßnahmen des Körpers bei anhaltendem Proteinmangel. Übrigens ist Eisen in diesem Zusammenspiel mindestens ebenso wichtig (FITBOOK berichtete). Daher haben einseitig vegan lebende Menschen oft Probleme mit ihren Haaren. Mit etwas Hintergrundwissen ist es allerdings auch mit dieser Ernährungsweise möglich, sich ausreichend mit Proteinen samt Eisen zu versorgen.
Auch interessant: Vegane Ernährung kann Gelenkschmerzen bei Arthritis erheblich lindern
Brüchige Knochen
Auch gesunde Knochen brauchen Protein. Sind sie geschwächt, brechen sie leichter oder es kommt bei eigentlich harmlosen Stößen zu Frakturen, kann dies ein Anzeichen für Proteinmangel sein.8 Dieses Alarmsignal betrifft meist ältere Menschen, insbesondere Frauen. So zeigen Studien mit postmenopausalen Probandinnen, dass eine eiweißreiche Kost nicht nur ihr Risiko für Hüftfrakturen um 69 Prozent verringerte – auch verlangsamte sich ihr Knochenabbau maßgeblich.9 Letzteres ist nämlich leider nicht zu verhindern, aber immerhin mit der richtigen Ernährung auszubremsen.
Studienlage Können Kollagen-Supplemente das Altern aufhalten?
Fördern Wachstum und Glanz 6 Lebensmittel für volle Haare und schöne Nägel
Nicht mehr nur für Bodybuilder Was bringen Extra-Proteine in Müsli, Brot und Joghurt?
Quellen
- 1. Castaneda C, Charnley JM, Evans WJ, Crim MC. (1995): Elderly women accommodate to a low-protein diet with losses of body cell mass, muscle function, and immune response, The American Journal of Clinical Nutrition.
- 2. Taylor AK, Cao W, Vora KP et al. (2013): Protein energy malnutrition decreases immunity and increases susceptibility to influenza infection in mice, The Journal of Infectious Diseases.
- 3. Apolzan JW, Carnell NS, Mattes RD, Campbell WW (2013): Inadequate dietary protein increases hunger and desire to eat in younger and older men. Nutrition.
- 4. Griffioen-Roose S, Mars M, Siebelink E et al. (2012): Protein status elicits compensatory changes in food intake and food preferences. Clinical Nutrition.
- 5. Campbell WW, Trappe TA, Jozsi AC et al. (2002): Dietary protein adequacy and lower body versus whole body resistive training in older humans, Physiology.
- 6. McLaren DS. (1987): Skin in protein energy malnutrition. Dermatology.
- 7. Rushton DH (2002): Nutritional factors and hair loss, Clinical Experimental Dermatology.
- 8. Kerstetter JE, O’Brien KO, Insogna KL. (2003) Low protein intake: the impact on calcium and bone homeostasis in humans. Nutrition.
- 9. Munger RG, Cerhan JR, Chiu BC. (1999): Prospective study of dietary protein intake and risk of hip fracture in postmenopausal women. American Journal of Clinical Nutrition.