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Diät-Trend „Glukose-Trick“

Der Einfluss von Essig auf den Blutzucker – und wie er beim Abnehmen helfen kann 

Kann man mit Essig den Blutzuckerspiegel senken?
Nature's detox Foto: Getty Images / laflor
Anna Echtermeyer
Redakteurin

29. Januar 2025, 13:32 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Es dürfte sich rumgesprochen haben, dass ausgefallene Diäten selten zum langfristigen Abnehmerfolg führen. Ganz anders dagegen, wenn man konsequent seine Ernährung umstellt. Dabei soll auch der sogenannte „Glukose-Trick“ helfen, in dessen Zentrum ein Löffel Apfelessig und eine bestimmte Reihenfolge beim Essen stehen. Funktioniert das tatsächlich – kann man so abnehmen? Studien und ein Ernährungsmediziner sind durchaus optimistisch.

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Sie möchten Abnehmen? Gut, dann nehme ich Sie mal eben auf ein Gedankenexperiment mit. Stellen Sie sich vor, dass vor Ihnen eine frisch gebackene Pizza mit Serranoschinken und Rucola liegt. Dieser Duft! Mhm … Aber langsam, nicht hineinbeißen. Bevor sie sich diese hochkalorische Sünde einverleiben zücken Sie flott – jetzt wird es kurz unangenehm – ein Fläschchen Apfelessig aus Ihrer Tasche, messen einen Esslöffel davon ab und schlucken das saure Gebräu mit einem Happs herunter. Sie schütteln sich kurz, denn der Nachgeschmack im Mund ist wirklich nicht sehr angenehm, doch glücklicherweise können Sie sich nun vollumfänglich der Pizza widmen. Aber halt, nicht einfach wie sonst immer, also Stückweise.

Diesmal picken Sie zuerst das Gemüse vom Belag, lassen es in Ihrem Mund verschwinden, essen danach den Schinken und zum Schluss den Boden. Und dann, nach einer 20-minütigen Verdauungspause, treiben Sie etwas Sport. Ein Ründchen locker joggen, Radfahren oder so. Was recht absurd klingt, ist aus Sicht der Erfinderin der „Glukose-Diät“ eine Wunderwaffe gegen unerwünschte Kilos. Das beschriebene Prozedere soll den Blutzuckerspiegel nämlich dermaßen erfreulich beeinflussen, dass man abnimmt – obwohl man dem Körper gerade sehr viele Kalorien zugeführt hat. Was ist dran? FITBOOK hat sich einige Studien zu dem Thema angesehen und mit Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl über den „Glukose-Trick“ gesprochen.

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Das steckt hinter dem „Glukose-Trick“

Die Buchautorin und Biochemikerin Jessie Inchauspé hat mit Ihrem Buch „Der Glukose-Trick: Schluss mit Heißhunger, schlechter Haut und Stimmungstiefs – Wie man der Achterbahn des Blutzuckerspiegels entkommt“ 2022 einen Bestseller gelandet. Darin erklärt sie, wie man seinen Körper so austricksen kann, dass er – obwohl man isst, was man möchte – Fettmasse abbaut. In den letzten Wochen machte BILD das Thema nochmal groß.

Das Austricksen bedarf lediglich der Einhaltung von drei Regeln bei jedem Essen. Und wie gesagt, es ist alles erlaubt, zu essen. Wer mit dem Glukose-Trick abnehmen möchte, der muss sich lediglich an drei wichtige Regeln halten:

  • 1. Regel: 20 Minuten vor jedem Essen soll man ein Glas Wasser vermischt mit einem Esslöffel Essig trinken.
  • 2. Regel: Bei jeder Mahlzeit soll man erst das Gemüse Essen (z. B. Salat), dann Fette und Eiweiße (z. B. Fleisch oder Fisch), dann die Kohlenhydrate (z. B. Kartoffeln, Reis, Pommes etc.) und dann, sofern man es unbedingt will, etwas Süßes (z. B. Joghurt, Schokolade etc.).
  • Die 3. Regel lautet: 20 Minuten nach jeder Mahlzeit soll man etwas Sport machen. 

Auch interessant: Die Wirkung eines Spaziergangs nach dem Essen auf den Blutzuckerspiegel

Was soll der Glukose-Trick bewirken?

Um zu verstehen, wo die Tricks von Inchauspé ansetzen, müssen wir zunächst den Mechanismus hinter einem stark ansteigenden Blutzuckerspiegel verstehen – den der Verzehr der oben beschriebenen Pizza in jedem Fall zur Folge hätte. Wenn man kohlenhydratreiche (Pizza!, Pasta!, Brot!) oder zuckerhaltige Nahrung isst, werden die Kohlenhydrate schnell in Glukose umgewandelt.

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Während wir nur spüren, dass wir müde werden (denken Sie mal an das Tief nach einem schweren Essen), gelangt die Glukose ihrerseits ins Blut und erhöht den Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie). Nun macht sich die Bauchspeicheldrüse daran, Insulin auszuschütten, um den Blutzucker in die Körperzellen zu transportieren. Das Insulin muss man sich vorstellen wir ein Schlüssel, der die Zellen öffnet, damit Glukose als Energie genutzt oder – und das ist der unerwünschte Teil des Prozesses – gespeichert wird. Denn sind die Glykogenspeicher in der Leber und den Muskeln voll, wird überschüssige Glukose in Fett umgewandelt. Jetzt kommt der Aspekt, den die Autorin von „Glukose-Trick“ als „Achterbahn des Blutzuckerspiegels“ beschreibt: Ein hoher Insulinspiegel kann nun den Blutzucker zu stark senken, was zu einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) führt. Und daraus entsteht ein Teufelskreis mit Namen Heißhunger. Teufelskreis, weil er uns vor allem schnelle Kohlenhydrate verlangen lässt – die Achterbahn fährt wieder rauf.

Blutzuckerspiegel soll Kinderkarussell fahren anstatt Achterbahn

Wie entkommt man diesem Teufelskreis? Gibt es eine Möglichkeit, Pizza zu essen, und trotzdem abzunehmen? Inchauspés Ernährungs-Trick will das für uns erledigen. Hält man die drei Ernährungsregeln (oben) ein, soll das bewirken, dass der Blutzuckerspiegel dauerhaft niedrig gehalten wird, auch wenn wir Pizza und Pasta essen. Der Blutzuckerspiegel soll also nicht mehr Achterbahn fahren, sondern Kinderkarussell.

Das Ziel beim Glukose-Trick ist es, den Blutzuckerspiegel möglichst im Normalbereich zwischen 70 und 100 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) zu halten, um abnehmen zu können. Laut der Wissenschaftlerin Inchauspé erreicht man das, indem man bei Mahlzeiten zunächst mit jenen Lebensmitteln anfängt, die den Blutzucker langsam ansteigen lassen. Das ist hauptsächlich Gemüse, welches neben viel Wasser auch sättigende Ballaststoffe enthält. Anschließend kommen Fette und Eiweiße und erst danach die Kohlenhydrate. Weil Letztere aber später in den Magen gelangen, soll der Blutzuckerspiegel nicht mehr so rapide ansteigen, wie wenn sie als Erstes den Magen erreichen. Deswegen spiele es am Ende auch keine so große Rolle, wenn man noch etwas Schokolade oder etwas anderes Süßes isst.

Zudem sei man schneller gesättigt durch die Ballaststoffe, Fette und Eiweiße, sodass insgesamt weniger Kohlenhydrate verzehrt werden. Zusätzlich sollen das Essigwasser vor dem Essen sowie der Sport kurz nach dem Essen den Blutzucker absenken.

Blutzucker senken mit Essig? Das meint ein Ernährungsmediziner

Senkt Essig tatsächlich den Blutzuckerspiegel? Wie sieht es mit der Aufnahme von Lebensmitteln in einer bestimmten Reihenfolge aus: Hilft das beim Abnehmen – oder verdirbt es einem nur die Freude am Essen? Und zuletzt: Ist Sport 20 Minuten nach einer Mahlzeit empfehlenswert?

Diese drei Fragen habe ich dem Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl gestellt. Er ist ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg und Autor zahlreicher Ernährungsratgeber. Über den Esslöffel Essig vor dem Essen weiß er jedenfalls nur Positives zu berichten: „Mit diesem Ritual kann man den Anstieg des Blutzuckerspiegels senken“, sagt Riedl zu FITBOOK. Allerdings dürfe man keine Wunder erwarten. Und: Vorsicht, die Säure kann dem Zahnschmelz schaden. Daher lautet der Rat des Mediziners, den Essig „nur verdünnt zu sich zu nehmen und 30 Minuten mit dem Zähneputzen zu warten“.

Das sagen Studien

Kleinere Studien lassen den Rückschluß zu, dass  Apfelessig, verdünnt vor dem Essen, helfen kann, den Ansteig des Blutzuckerspiegels zu bremsen.1,2 2004 untersuchte Prof. Carol Johnston aus Arizona die Auswirkungen von Essig auf den postprandialen Blutzuckerspiegel bei gesunden Personen sowie bei Personen mit Insulinresistenz oder Typ-2-Diabetes. Essig verringerte den postprandialen Blutzuckeranstieg um 34 Prozent bei insulinresistenten Teilnehmern und um 19 Prozent bei Typ-2-Diabetikern. Eine weitere Studie aus Schweden, die die Auswirkungen von Essig auf die Insulinsensitivität nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit bei Personen mit Insulinresistenz oder Typ-2-Diabetes untersuchte, zeigte, dass die Einnahme von Essig vor der Mahlzeit die Insulinsensitivität bei diesen Personen verbesserte. Ein weiterer Hinweis darauf, dass Essig als einfaches und kostengünstiges Mittel zur Unterstützung der Blutzuckerkontrolle bei insulinresistenten oder diabetischen Patienten dienen könnte.

Und dann gibt es noch ein echtes Studien-Brett, was die günstige Wirkung von Apfelessig auf das Körpergewicht belegt: In einer 2024 im „BMJ Nutrition, Prevention & Health“ veröffentlichten, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie nahmen 120 Teilnehmer über einen Zeitraum von 12 Wochen täglich morgens auf nüchternen Magen entweder 5, 10 oder 15 Milliliter Apfelessig ein, verdünnt in 250 Millilitern Wasser. Oder sie nahmen ein Placebo. Die Teilnehmer, die Apfelessig konsumierten, verloren im Durchschnitt zwischen sechs und acht Kilogramm Körpergewicht. Und das binnen weniger Wochen.3

Beeinflusst die Reihenfolge beim Essen den Blutzucker? Das sagen Studien und der Experte

Kommen wir zur Reihenfolge beim Essen. Zur Erinnerung: Der „Glukose-Trick“ sieht vor, zuerst das Gemüse und den Salat zu essen, dann Fett und Eiweiß, zuletzt Kohlenhydrate, um Erfolge beim Abnehmen zu sehen. Dann soll der Blutzuckerspiegel im Kinderkarussell vor sich hindümpeln, was super ist. Die Forschung bestätigt dies – zuletzt Ende 2024 von Wissenschaftlern des Weill Cornell Medical College in New York.4 Und Mediziner Riedl sieht es auch so. „Mit dieser Reihenfolge ist der Anstieg des Blutzuckerspiegels nach dem Essen gleichmäßiger und geringer ausgeprägt.“ Besonders Diabetiker können von dieser Reihenfolge profitieren, sagt er. „Kohlenhydrate sollten sie, wenn möglich, am besten hauptsächlich zum Schluß essen. Letztlich sollten Diabetiker aber sowieso weniger Kohlenhydratreiche Mahlzeiten bevorzugen“, lautet sein Rat.

Senkt Sport nach dem Essen den Blutzuckerspiegel?

Zuletzt der Sport 20 Minuten nach dem Essen. Bringt auch diese Maßnahme den Blutzuckerspiegel in den Normalbereich? Ja, bestätigt Matthias Riedl. „Grundsätzlich kann Sport nach dem Essen helfen, den Blutzuckerspiegel zu senken.“ Das Ausmaß hänge jedoch von der Intensität und dem Individuum ab. Laut dem Mediziner neigen manche Menschen zu einem Blutzuckeranstieg bei Sport. Grund könnten Stresshormone sein, die der Körper bei stärkerer Betätigung vermehrt ausschüttet. Demnach würde also der Glukose-Trick nicht immer beim Abnehmen helfen können.

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Fazit zum „Glukose-Trick“

Das Konzept des „Glukose-Tricks“ basiert auf drei einfachen Ernährungsregeln: Essigwasser vor dem Essen, eine bestimmte Reihenfolge beim Verzehr der Lebensmittel und Bewegung nach der Mahlzeit. Ziel ist es, den Blutzuckerspiegel stabil zu halten und damit Heißhungerattacken sowie eine vermehrte Fettspeicherung zu vermeiden. Studien deuten darauf hin, dass Apfelessig tatsächlich einen positiven Einfluss auf den Blutzucker haben kann. Auch die empfohlene Nahrungsreihenfolge und Bewegung nach dem Essen scheinen wissenschaftlich fundierte Effekte zu haben. Experten wie Dr. Matthias Riedl bestätigen die Vorteile, weisen jedoch darauf hin, dass man keine Wunder erwarten sollte. Insgesamt könnte der „Glukose-Trick“ eine sinnvolle Ergänzung zu einer gesunden Ernährung sein, sollte aber nicht als alleinige Lösung zum Abnehmen betrachtet werden. Und die Pizza zerpflücken Sie bitte nicht, das hemmt doch sehr den Genuss. Es gibt sicherlich Gerichte, die sich für den „Glukose-Trick“ besser eignen. Wobei: Es ist schon befremdlich, die Bolognese vor der Pasta zu essen …

Themen #AmazonNutrition Abnehmen Diäten

Quellen

  1. Johnston C. S., Kim C. M., Buller A J. (2004): Vinegar Improves Insulin Sensitivity to a High-Carbohydrate Meal in Subjects With Insulin Resistance or Type 2 Diabetes. Dibetes Care. ↩︎
  2. Ostman E., Granfeldt Y., Persson L. et al (2005): Vinegar supplementation lowers glucose and insulin responses and increases satiety after a bread meal in healthy subjects. European Journal of Clinical Nutrition. ↩︎
  3. Abou-Khalil R., Andary J., El-Hayel E. (2024): Apple cider vinegar for weight management in Lebanese adolescents and young adults with overweight and obesity: a randomised, double-blind, placebo-controlled study. BMJ Nutrition, Prevention & Health. ↩︎
  4. Palepu K., Karan A., Touhamy S. et al (2024): Carbohydrates-Last Food Order Improves Time in Range and Reduces Glycemic Variability. Diabetes Care. ↩︎
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